Freitag, 6. Februar 2015

WDR: Unternehmerisches Dumping macht dumm

Ich finde es immer wieder putzig, dass Hierarchen des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ihren Arbeitgeber als "Unternehmen" bezeichnen. Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt ist kein Unternehmen, und sie soll es auch gar nicht sein. Der WDR hat einen Programmauftrag, für dessen Erfüllung er von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlt wird. Dazu gehört  die Ablieferung anständiger journalistischer Arbeit - die wiederum ebenfalls fair bezahlt werden muss. Streichorgien nach ideologisch-unternehmerischem Kahlschlag-Kapitalismus sind nach dem WDR-Gesetz nicht vorgesehen

Die Hierarchen aber scheinen an solchen Erkenntnissen kaum interessiert zu sein. Die Möchtegern-Unternehmer in der Anstaltsleitung haben ein radikales Sparprogramm aufgelegt. So weit, so schlecht. Jetzt kommen sie aber noch mit Honorar-Dumping um die Ecke, das zumindest juristisch äußerst zweifelhaft ist. An Stelle von berufsmäßig-professionellen Journalistinnen und Journalisten sollen so genannte "Producer" eingesetzt werden, und freie Mitarbeiter sollen künftig zu reduzierten Honoraren alle möglichen Kanäle bespielen: Radio, Fernsehen, Internet, soziale Netzwerke....

Selbstplagiat als billige Ramschware?

Der Clou dabei ist die Idee, dass es für die einzelnen Beiträge viel, viel weniger Geld geben soll, am liebsten sogar pauschale Bezahlungen. Die journalistische Recherche sei doch mit dem Kauf des ersten Beitrags schon gezahlt, meint der WDR - der Rest wird sozusagen als billige Ramschware, als beliebiges Selbstplagiat herab gewürdigt. Dass die adäquate Aufarbeitung eines Themas für's Radio ganz anders als im Fernsehen ist, dass Internet wiederum ganz anders funktioniert - das interessiert niemanden mehr. Hinzu kommt: Wer nicht alles gleichzeitig kann, wird es als Journalist beim WDR schwer haben.

Alleskönner sind aber selten. Wichtig für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind gerade auch die Spezialisten. Ich will nicht, dass ein Sportreporter über Politik berichtet, und es macht auch nicht immer wirklich Sinn, wenn ein Autor für Hörfunkfeatures mal eben zu Liveschalten im Fernsehen gezwungen wird. In Einzelfällen kann das gut funktionieren, es aber im blinden Sparwahn zum - im wahrsten Sinne des Wortes - BILLIGEN Standard zu erklären, ist unprofessionell. Und das macht dumm. Denn die gesellschaftliche Aufgabe der umfassenden und eben journalistisch-professionellen Information wird dadurch nicht mehr hinreichend sicher gestellt!

Sowas dann auch noch an den Gewerkschaften vorbei durchzuziehen -entgegen der geltenden Regeln des Tarifvertrags - ist so bestürzend, dass mir die Worte dafür fehlen. Und das passiert mir nicht häufig. Würden solche Taschenspielertricks in Unternehmen stattfinden, würden Redaktionen wie MONITOR groß darüber berichten. Wie war das noch - einige WDR-Chefs wollen, dass der WDR als Unternehmen gesehen wird?!


Linktipp: Hintergründe auch hier beim DJV NRW

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